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Anforderungsanalyse, Anforderungsdefinition, Systementwurf und Systemtest Verfahrensfließbild und R-I-Fließbild oder Vergleichbares sollten der Ausgangspunkt dafür sein, aus der Sicht der Prozeßsteuerung die funktionellen Zusammenhänge zu ermitteln und zu notieren. Sämtliche Aspekte der Prozeßsicherung, betreffend möglicher Fehler im Prozeßablauf oder auch im Steuerungsablauf, sollten zunächst außer acht bleiben. Damit entsteht eine ungestörte Abfolge von Prozeßschritten, die alternativ- oder parallelverzweigt notiert werden kann. Selbstverständlich werden die Prozeßschritte durch Bedingungen getrennt, die entweder durch das Bearbeitungsende eines oder mehrerer Prozeßschritte gegeben sind oder auch durch zusätzliche, äußere Ereignisse. Am Ende entsteht das Modell der ungestörten Prozeßabfolge. Dieses Modell heißt Prozeßablaufnetz (PAN). Das PAN basiert auf dem BE-Netz, das stark zusammenhängend sein muß: Jeder technologische Prozeß kann theoretisch beliebig oft nach einem definierten Ende wieder von vorn beginnen. Falls der Prozeß kein Chargen-/Batch-Prozeß ist, und Anfahr-/Abfahrprozesse ebenfalls nicht durch ein PAN erfaßt werden sollen, oder es handelt sich um einen sehr großen Prozeß, dann beginnt die Anforderungsanalyse häufig mit einem anderen Modell, dem Prozeßzerlegungsgraphen (PZG). Er wird durch die Tätigkeit der Prozeßzerlegung erarbeitet. Der Begriff Zerlegung weist auf die Einmaligkeit jedes Teilprozesses (TP) hin. Die Menge der Teilprozesse ist die Elementemenge des PZG. Die sie verbindenden Pfeile (zweistelligen Relationen) bilden die steuerungstechnischen Beziehungen zwischen je zwei TP, sog. Interaktionen oder Koppelbeziehungen. SpaS stellt im Programmteil PAN neben dem graphischen Netzeditor und dem Funktionstest auch das Zerlegungsprogramm in binäre Teilprozesse zur Verfügung, in dem der Nutzer des Programms diejenigen Prozeßschritte bestimmen muß, die als TP in einen PRAP zu überführen sind. Das Ergebnis sind vorkonfektionierte PRAP zu jeder Gruppe ausgewählter Prozeßschritte. Jede Gruppe darf auch nur aus einem einzelnen Prozeßschritt bestehen. Da die PRAP aus dem gleichen PAN entnommen sind, enthalten sie alle erforderlichen Interaktionen (Koppelungen). Sind schließlich alle Prozeßschritte an Teilprozesse zugeteilt, hat eine Prozeßzerlegung stattgefunden. Diese Teilprozesse bestimmen die Prozeßsteuerung in ihren Hauptteilen bezüglich des ungestörten Prozesses. Das Modell der binären Teilprozeß-Steuerung ist der Prozeßablaufplan. Er steht im Zentrum der binären Prozeßanalyse und geht auf den Programmablaufgraphen von Killenberg [Ki76] zurück, der 1973 erstmalig den bekannten Programmablaufplan (PAP) automatentheoretisch interpretierte. Einige Eigenschaften des PRAP wurden schon erwähnt, hier soll er in seinen wesentlichen Teilen beschrieben werden. Der PRAP besteht aus der Knotenmenge O der Operationen (liegendes Rechteck) und der Menge Mp der Prozeßzustandsvariablen (liegendes Langrund). Jede Operation Oj enthält alle für den betrachteten Teilprozeß erforderlichen Operationsvariablen mit deren Wertung (binär bewertete Steuervariable). Eine der Operationen muß den Anfang des Steuerungsablaufes bestimmen, sie wird Ruhe- oder Initialoperation genannt. Zwischen einer Operation Oi und deren Folgeoperation Oj steht der (binäre) Übergangs-Prozeßzustand Pij, dargestellt durch Pfade seiner charakteristischen Prozeßzustandsvariablen, kurz p-Variable. Dazu gibt es eine wichtige Besonderheit: Zu jeder Operation Oj gehört ein Stabilitäts-Prozeßzustand Pjj. Nur dann, wenn dieser durch den Prozeß erfüllt wird, kann die Operation durchgeführt werden, bzw. können die vorgesehenen Stelleingriffe im Teilprozeß stattfinden. Beide Größen bilden ein zeitgleiches Paar, das Teilprozeß-Situation Sj Û (Oj,Pjj) heißt. Ebenso besteht von einer Operation Oi zur nächsten Oj ein Übergangs-Prozeßzustand Pij, der aus einem oder vielen Pfaden bestehen kann. Der Übergang selbst geschieht im Zeitintervall null für einen in diesem Zeitpunkt erfüllten Übergangspfad des Pij. Damit ist auch die Dynamik, die ein PRAP bestimmt, eindeutig. An Hand der Abbildungen 2-1 und 2-2 sollen einige praktische Zusammenhänge verdeutlicht werden. Im Beispiel wird eine einfache Torsteuerung betrachtet, die aus einem Gesamtprozeß herausgelöst werden kann. In diesem Teilprozeß ist die Initialoperation hervorgehoben, die die Nummer 1 hat. Die Prozeßvariablen werden in s.g. "Langrunden" und die Operationsvariablen in Rechtecken dargestellt. Die dazugehörigen Variablen werden in der Projektdatenbank gehalten. Die graphische Entwurfsmethodik bewirkt, daß der PRAP immer eindeutig, vollständig und stark zusammenhängend ist. Diese Eigenschaften werdendurch das Tool geprüft. Hinweis zur automatischen Steuerung: Sobald ein Fahrzeug in den Torbereich eingefahren ist, wird jeder betätigte Taster ignoriert, und das Tor öffnet nur dann bis zu 100%, wenn dies noch nicht der Fall sein sollte. Erst nachdem das Fahrzeug aus dem Torbereich ausgefahren ist, wird während des Schließens wieder ein Taster berücksichtigt. Hinweis zur Handsteuerung: Das Tor öffnet solange, wie der Taster "Tor von Hand öffnen" betätigt wird, oder das Tor ist 100% geöffnet. Das Betätigen des Tasters "Tor von Hand schließen" veranlaßt das Schließen des Tores, auch wenn der Taster nicht mehr betätigt wird solange, bis das Tor geschlossen ist oder der Taster "Tor von Hand öffnen" wird betätigt. Dabei ist noch zu beachten, daß der Taster "Tor von Hand öffnen" Vorrang hat, also ist das Schließen erst möglich, wenn der Taster nicht mehr betätigt wird.
Bemerkung zum Begriff der Situations-Stabilität: Eine (Prozeß-)Situation besteht aus einer Operation und den zugehörigen Stabilitätspfaden 1, 2, 3 und 4, deren graphische Anordnung in zwei Pfaden vorliegt: Pfad 1, mit dem abgehenden Pfeil aus der Operation 0 (Tor halt) beginnt, sich über p1_n → p2_n → p4_n erstreckt und mit dem ankommenden Pfeil bei op1 endet. Pfad 2, der mit dem abgehenden Pfeil aus der op1 beginnt, sich über p1_n → p2_y → p3_y erstreckt und mit dem ankommenden Pfeil bei op1 endet. Beide Pfade lassen sich durch einen Ausdruck der Boolschen Algebra zusammengefasst darstelllen und bilden auf diese Weise zur Operation op1 den Stabilitäts - Prozesszustand P11: P11 = (/p1 /\ /p2 /\ /p4) \/ (/p1 /\ p2 /\ p3) Ein Übergang von op0 nach op1 erfolgt ebenfalls über einen der beiden Pfade, was zur Folge hat, daß die Situation 1 stabil erreicht wird. Solche Übergänge bzw. Übergangspfade heissen strukturstabil. Anders verhält es sich beim Übergang von op1 oder auch op0 nach op2, der durch p1_y erfolgt. Ob aber die Operation 2 stabil erreicht wird, hängt von der Erfüllung des Stabilitätspfades P22 = /p5 ab. Das ist aber nicht selbstverständlich. Nur dann, wenn das Tor nicht vollständig geöffnet ist, wird die Situation stabil erreicht, ansonsten wird sie durch "durchlaufen", sie ist dann instabil und die Operation 2 wird nicht ausgeführt. Daher heissen nicht-strukturstabile Übergänge bzw. Übergangspfade bedingungsstabil. Das Problem der bedingungsstabilen Übergänge, also der möglichen instabilen Situationen kann zu gefährlichen Steuerungsfehlern führen bis hin zu instabilen Situations-Zyklen. Folgerichtig wurde in der Variante 2 und 3 diese Situation anders gezeichnet. Dort wird die Operation 2 natürlich auch nur dann stabil erreicht, wenn /p5 gilt, aber falls p5 erfüllt ist, wird op2 überhaupt nicht erreicht! Der Übergang von op2 nach op3, bzw. Situation 3, ist zwar auch nicht strukturstabil, kann aus technologischer Sicht aber dennoch kaum zu Problemen führen; denn das eingefahrene Fahrzeug kann nicht zugleich ausgefahren sein. Hier sind unbedingt Zuverlässigkeitsfragen bezüglich der Signalgeber zu beantworten ! In der Abbildung 2-2 wurde folgerichtig die Situation 2 umgezeichnet. Nun wird die Operation 2 nur erreicht, wenn das Tor nicht völlig geöffnet ist, anderenfalls erfolgt der Übergang direkt nach Operation 3 - op2 wird also überhaupt nicht erreicht - und ist damit auch technologisch sinnvoll. Aufgrund dieser Änderung ist auch Operation 2 von Operation 0 oder 1 nur stabil erreichbar, also sind jetzt dies Übergänge gegenüber Variante 1 strukturstabil ! |
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