Das Capability Maturity Model Integration® in Version 1.1(im Folgenden kurz CMMI® genannt) wurde vom Software Engineering Institute der Carnegie Mellon University, Pittsburgh, PA entworfen, um interdisziplinäre Entwicklungen, vor allem Software- und Systementwicklungsprojekte, schneller und günstiger abwickeln und dabei qualitativ hochwertigere Produkte erhalten zu können. Dabei wurden vorher getrennt vorhandene Modelle für Softwareentwicklung, Systementwicklung, integrierte Produkt- und Prozessentwicklung und Lieferantenbeschaffung in ein gemeinsames Modell integriert. Aus der Historie der Ursprungsmodelle ergaben sich zwei strukturell unterschiedliche Darstellungen, die stufenförmige und die kontinuierliche Darstellung. Bei dieser Konventionsabbildung wird nur die stufenförmige Variante berücksichtigt, da sie den Reifegrad einer Organisation über alle Prozessgebiete hinweg ermittelt und somit mehr der Sicht des V-Modells entspricht. Das wesentliche Strukturelement der stufenförmigen Darstellung sind die Prozessgebiete, die den Reifegraden 2 bis 5 zugeordnet sind. In jedem Prozessgebiet gibt es ein oder mehrere "Spezifische Ziele" (Specific Goals), welche zur Erfüllung des Prozessgebietes erreicht werden müssen. Dies geschieht durch die Beherrschung der den Spezifischen Zielen zugeordneten "Spezifischen Praktiken" (Specific Practices). Darüber hinaus gibt es noch "Generische Ziele" (Generic Goals), eines für Reifegrad 2 und eines für die Reifegrade 3 bis 5. Deren "Generische Praktiken" (Generic Practices) müssen für jedes Prozessgebiet, je nach angestrebtem Reifegrad erfüllt werden. Grundsätzlich gilt, dass zur Erreichung eines Reifegrades die spezifischen und generischen Ziele aller diesem und den niedrigeren Reifegraden zugeordneten Prozessgebiete erfüllt werden müssen.
Auf Reifegradstufe 1 sind die Prozesse meist nicht existent, „chaotisch“ oder entstehen aus dem Stegreif. Das bedeutet, dass es zwar Prozesse geben kann, diese aber weder projektspezifisch noch unternehmensweit eingesetzt werden. Der Erfolg des Unternehmens hängt also von der Kompetenz und dem „Heldentum“ einzelner Personen ab. Organisationen mit Reifegradstufe 1 überschreiten deshalb häufig die Vorgaben bezüglich Kosten und Zeit. Erfolge durch gute Produkte sind möglich, können jedoch oft nicht wiederholt werden.
In Organisationen mit Reifegradstufe 2 ist es Aufgabe der Projekte, dass Anforderungen verwaltet und die Prozesse geplant, gesteuert, verwaltet und überprüft werden. Die bei Reifegradstufe 2 betrachteten Prozessgebiete gewährleisten, dass vorhandene Verfahren auch in Zeiten großer Belastung angewendet werden. Zu bestimmten Zeitpunkten können die Projektfortschritte vom Management nachvollzogen werden. Die Arbeitsergebnisse werden überprüft und überwacht und sie erfüllen die geforderten Anforderungen, Normen und Ziele.
Ein Unternehmen mit Reifegradstufe 3 hat einen organisationsweit festgelegten Standardprozess, der ständig weiterentwickelt und von den Projekten durch Tailoring angepasst wird. Dieser Standardprozess enthält neben Prozessbeschreibungen auch Werkzeuge, eine Erfahrungsdatenbank und eine organisationsweite Sammlung von Metriken, die von den einzelnen Projekten genutzt werden können. Der Standardprozess wird organisationsweit eingeführt und durch Weiterbildungsmaßnahmen allen Mitarbeitern vermittelt. Während der Nutzung ist es wichtig, dass Verbesserungspotential der Prozesse in den Projekten erkannt, dokumentiert und durch entsprechende Maßnahmen eingearbeitet wird.
Eine Organisation mit Reifegradstufe 4 muss den Bereich Messung und Analyse stark ausbauen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Erstellung und Pflege einer organisationsweiten Metrikdatenbank. Es müssen Informationen gesammelt werden, die nicht nur qualitativ sondern auch statistisch und quantitativ ausgewertet werden können. Dazu wird die Leistung wichtiger Teilprozesse gemessen, die signifikant zur Performanz der Prozesse beitragen. Auf Grundlage der daraus gewonnenen Erkenntnisse werden die Prozesse verbessert. In den Projekten werden sowohl die Prozesse als auch die Ziele von denen der Organisation abgeleitet und unter statistische/quantitative Kontrolle gestellt.
Organisationen mit Reifegradstufe 5 verbessern ihre Prozessperformanz kontinuierlich. Ausgehend von den Zielen der Organisation und Geschäftswerten liefern die Prozesse voraussagbare Ergebnisse, sodass das Unternehmen sehr schnell auf Chancen und Veränderungen reagieren kann. Ein anderer Aspekt des Prozessgebietes ist die kontinuierliche Fehleranalyse. Hierbei erkennt man Fehler, deren Ursache regelmäßige Variationen der Prozesse sind. Aufgrund der Ergebnisse gilt es, die Fehlerursachen zu ermitteln und zu beheben.
Sowohl CMMI® als auch das V-Modell haben das Ziel, die interdisziplinäre Entwicklung von Systemen, bestehend aus Software, Hardware und extern erstellten Einheiten zu vereinheitlichen und somit zu erleichtern. Durch die Einführung unternehmensweit einheitlicher Vorgehensweisen werden die Entwicklungsergebnisse verbessert.
Die Vorgehensweise ist dabei aber unterschiedlich. Das Prozessmodell CMMI® umfasst eine Menge von Anforderungen an Prozesse einer Organisation, die dazu dienen, die Prozesse zu beurteilen und aufgrund der Ergebnisse Verbesserungsvorschläge zu machen. Das V-Modell hingegen stellt einen Standardprozess dar, der durch Tailoring projektspezifisch angepasst werden kann. Ebenso ist es möglich, einen organisationsweiten Standardprozess auf Basis des V-Modells einzuführen. Das V-Modell bietet fertige Vorlagen für Dokumente und enthält Vorschläge für einzusetzende Methoden und Werkzeuge. Demgegenüber stellt das Prozessmodell CMMI® abstrahierte Best Practices zur Verfügung. Dadurch dass hinter dem V-Modell ein komplexes Modell mit Abhängigkeiten zwischen den Elementen steht, sind einige Anforderungen des CMMI® im V-Modell nicht direkt durch individuelle Produkte oder Aktivitäten abgedeckt, sondern durch vielfach anwendbare Produkte/Aktivitäten, Automatismen des Modells oder allgemeine Regelungen, die meist in den einführenden Kapiteln beschrieben sind. Beispiele hierfür sind:
Ein weiterer entscheidender Unterschied ist, dass das V-Modell XT zwischen Auftraggeber- und Auftragnehmerprojekten unterscheidet. Die Aktivitäten des Prozessgebiets "Requirements Management" beispielsweise sind deshalb auf zwei verschiedene Projekte verteilt.
Bei der CMMI®-Abbildung werden nur die Prozessgebiete der Reifegrade 2 und 3 untersucht, da das V-Modell die Prozessgebiete der Reifegrade 4 und 5 nicht abdeckt. Da das V-Modell die Generischen Ziele für alle im Rahmen des V-Modells relevanten Prozessgebiete erfüllt, werden sie entgegen der üblichen Darstellung aus den Prozessgebieten herausgezogen und wie eigene Prozessgebiete behandelt.
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