Nicht-Funktionale Anforderungen erstellen
Bei der Erstellung der Anforderungen sind die vorgegebenen Randbedingungen und Anforderungen an die Systemeigenschaften und Systemsicherheit zu erfassen und die Prozessbedingungen festzulegen. Die Darstellung und Beschreibung kann bei nicht-funktionalen Anforderungen überwiegend in Textform durchgeführt werden. Die Anforderungen sollten allerdings messbar, prüfbar und entscheidbar sein. Die verschiedenen Kategorien sind im Thema Nicht-Funktionale Anforderungen beschrieben.
Erfassen der vorgegebenen Randbedingungen
Vorgegebene Randbedingungen sind bereits bei Beginn der Erfassung aller nicht-funktionalen Anforderungen festzulegen, da sie auf alle anderen Anforderungen einen inhaltlichen Einfluss haben. Dabei kann auf die Ergebnisse des Themas Bestehende Rahmenbedingungen zurückgegriffen werden.
Erfassen der Anforderungen an die Systemeigenschaften
Die Erfassung der Anforderungen an die Systemeigenschaften sollte sich der Erfassung der vorgegebenen Randbedingungen anschließen. Dabei kann beispielsweise nach dem FURPS-Schema:
- Functionality (Funktionalität),
- Usability (Benutzerfreundlichkeit),
- Reliability (Zuverlässigkeit),
- Performance (Performanz und Effizienz),
- Supportability (Wartbarkeit),
vorgegangen werden. Soweit es zu diesem Zeitpunkt möglich ist, sind die Qualitäts-Anforderungen an das System gleichzeitig mit den funktionalen Anforderungen bei der Beschreibung der Anwendungsfälle zu erfassen. Die einzelnen Bestandteile des FURPS-Schemas lassen sich wie folgt charakterisieren:
- Zur Beschreibung der Funktionalität sind die Anforderungen an die Angemessenheit der Funktionen, an die Genauigkeit der Berechnungen, an die Interoperabilität und an die Sicherheit der einzelnen Funktionen aufzustellen. Beispiele:
- bei Rechtschreibprüfung müssen mindestens 98 % aller Fälle abgedeckt sein,
- alle Geldangaben müssen auf 2 Dezimalstellen genau berechnet werden; es ist kaufmännisch zu runden.
- Zur Beschreibung der Benutzerfreundlichkeit sind Anforderungen an die Erlernbarkeit, an die Bedienbarkeit, an die Verständlichkeit (zum Beispiel Umgang mit der Hilfekomponente) und an die Oberflächen (Look and Feel) aufzustellen. Beispiele:
- gewünschter Lernaufwand,
- Aussagen zu der erwarteten Lernzeit der zukünftigen Benutzer,
- Anforderungen an Schulung und Training.
- Der durchschnittliche Benutzer muss mit weniger als 2% Fehlern das System nutzen können.
- Zur Beschreibung der Zuverlässigkeit sind Anforderungen an die Fehlertoleranz und Wiederherstellbarkeit aufzustellen, wie zum Beispiel maximale Zeiten für die Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft nach Ausfällen.
- Zur Beschreibung der Effizienz sind Anforderungen an Zeiten, an den Durchsatz, an die Mengengerüste, an die Verfügbarkeit und an die Maximallastanforderungen zu stellen. Beispiele:
- Reaktionszeiten (von diesem Ereignis ... bis zu der Reaktion),
- Wiederholfaktoren (die Eingaben kommen im Abstand von 10 Sekunden; das System muss diese Menge verkraften),
- Datenspeicherung (Speicherung bis x MB soll nicht länger als y sec dauern),
- Auslastung (System muss in der Lage sein, zwischen 9 und 17 Uhr 300 Benutzer gleichzeitig zu versorgen),
- Erwartungen des Kunden bezüglich der Einsatzfähigkeit des Systems oder Produkts.
- Zur Beschreibung der Wartbarkeit sind Anforderungen zum Wartungs- und Änderungsaufwand, zu Release-Zyklen, zur Portabilität, zur Erweiterbarkeit und Skalierbarkeit des Systems aufzustellen. Beispiele:
- Die Wartung darf den Endnutzer nicht betreffen;
- der Aufwand für bestimmte Änderungen, das Einspielen eines neuen Upgrades beispielsweise, darf nicht mehr als xx Manntage betragen;
- die Änderungshäufigkeit darf eine definierte Rate pro festgelegter Zeiteinheit nicht überschreiten;
- neue Releases sollen dem Nutzer nur n mal pro Zeiteinheit angeboten werden.
Erfassen der Anforderungen an die Systemsicherheit
Bei der Festlegung der Anforderungen an die Systemsicherheit sollte auf die Ergebnisse einer Gefährdungs- und Systemsicherheitsanalyse zurückgegriffen werden. Darin sind folgende Aspekte zu behandeln:
- Identifikation von systemsicherheitskritischen Systemelementen, SW-Elementen oder HW-Elementen,
- Fragen der Datensicherheit und des Datenschutzes,
- Zugriffsschutz,
- Backup / Recovery.
Festlegen der Prozessbedingungen für das System
Die Festlegung der Prozessbedingungen betrifft insbesondere Anforderungen für die Erstellungsphase, an den Betrieb und die Wartung sowie die Logistik.
- Der Auftraggeber legt zum Beispiel fest, nach welcher Entwicklungsmethode (zum Beispiel inkrementell) vorgegangen werden soll, welche technischen Standards oder sonstige Vorschriften einzuhalten sind, wie die Qualitätssicherung bei allen Beteiligten durchzuführen ist oder welche Partnerverpflichtungen zu berücksichtigen sind.
- Für die Abnahme des Systems sind die Anforderungen hinsichtlich der durchzuführenden Prozesse, Verantwortungen, Beteiligten und die Vorgehensweise aufzustellen.
- Für die Einführungsphase des Systems sind die Anforderungen im Hinblick darauf festzulegen, wie das neue System beziehungsweise Ausbaustufen beim Auftraggeber und den Nutzern aufzustellen ist. Dabei sind die Anforderungen für die Ablösung eines Altsystems besonders zu berücksichtigen (zum Beispiel Parallelbetrieb etc.). Die technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen sind bei den Anforderungen an die Systemeinführung zu beachten, besonders, wenn eine räumliche Verteilung von Systemkomponenten vorgesehen ist.
- Es sind vor allem Anforderungen an die Qualifikation des Bedien- und Wartungspersonals zu stellen und Anforderungen an die Nachhaltigkeit eines wirksamen Konfigurationsmanagements zu formulieren. Eventuell ist vom Auftragnehmer ein Konzept für einen effizienten Software-Pflege- und Änderungsdienst (SWPÄ) beziehungsweise die Erstellung eines langfristigen Wartungs- und Betriebskonzepts zu fordern.
- Es sind die Anforderungen festzulegen, die während der Realisierungsphase und vor allem während der Betriebsphase an die logistischen Elemente gestellt werden. Hierzu sind Anforderungen an die Instandhaltung, Instandsetzung, Ersatzteilbevorratung, an die Ausbildungsunterlagen, an die Nutzungsdokumentation und an die Struktur der logistischen Unterstützung aufzustellen.
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